www.fabiankeil.de/blog-surrogat/2015/07/01/stroeer-hauptversammlung-2015.html

Transparenz bei Ströer weiterhin unerwünscht

Ströer-Ständer in der Kölner Messe Auf der Hauptversammlung 2014 der Ströer Media SE (damals noch AG) habe ich Proxy für ein paar Fragen gespielt. Offen gebliebene Fragen habe ich zur Hauptversammlung 2015 wieder mitgebracht und um die bereits auf der Bayer-Hauptversammlung 2015 gestellten Fragen zum Thema Freie Software ergänzt.

Die ersten Antworten wurden diesmal so schnell verlesen, dass ich nicht nur nicht mitschreiben konnte sondern noch nicht mal den Inhalt der Antworten vollständig mitbekommen habe. Dieses moralisch fragwürdige Vorgehen war sogar aus Sicht des Notars im Backoffice inakzeptabel und führte zu einem Tadel, der aber leider nicht über die Lautsprecher kam.

Anschließend wurde die Antworten etwas langsamer verlesen, so dass ich zumindest teilweise mitschreiben konnte.

Ärger mit dem Wahlcomputer

Nach der Abstimmung wurde die Versammlung wie üblich für die Auszählung unterbrochen, die Pause musste jedoch um ungewisse Zeit verlängert werden. Die nach der Pause gegebene Begründung: bei der Abstimmung über die Verwendung des Bilanzgewinns ist die (mutmaßlich proprietäre) Software zum Auszählen der Stimmzettel über eine einzelne Nein-Stimme gestolpert und verlangte eine Neu-Zählung ...

Im Abstimmungsbericht auf der Ströer-Website sind es zwei Nein-Stimmen, da auch ein Briefwähler dagegen gestimmt haben soll. Die zwei der 41,973,990 gezählten Stimmen entsprechen laut Ströer übrigens 0,01%.

Transparenz zumindest aus Sicht der Aktionäre erwünscht

Punkt 7 auf der Tagesordnung war die Beschlussfassung über den Verzicht auf eine individualisierte Offenlegung der Vorstandsvergütung. Wegen fehlender Dreiviertelmehrheit sind Ströer-Vorstand und -Aufsichtsrat damit allerdings nicht durchgekommen.

Die Fragen und Notizen zu den Antworten

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Fabian Keil, ich vertrete einen Aktionär aus Hannover.

Ein Teil der Fragen wird Ihnen möglicherweise bekannt vorkommen,
da ich sie bereits letztes Jahr gestellt habe. Die damalige Zusage,
die Antworten auch schriftlich zu liefern wurde leider trotzt mehrerer
Erinnerungen nicht eingehalten, aber vielleicht klappt es ja dieses
Jahr.

Vorweg: sofern ich in meinen Fragen von "Ströer" spreche, meine ich
damit immer auch alle Tochtergesellschaften sowie andere Gesellschaften
und Unternehmen, an denen die Ströer AG und ihre Töchter substantiell
beteiligt sind.

1.) Wie viele neue Werbeflächen (der Typen Mega-Light Net,
City-Light-Poster, City-Light-Säulen, Premium-City-Light-Poster,
Großflächen, Infoscreens, Traffic-City-Light-Poster, Litfaßsäulen) sind
2014 im öffentlichen Raum der Stadt Hannover bislang jeweils neu
hinzugekommen? Wie viel waren es in diesem Jahr?

2.) Wie viele neue Werbeflächen der aufgeführten Typen sind im
öffentlichen Raum der Stadt Hannover in den vorhergehenden Jahren 2014,
2013 und 2012 jeweils neu hinzugekommen und welches sind diese im Einzelnen?
(Ich bitte um Auflistung der neuen Standorte, nach Jahr und nach
Werbeflächen-Typ aufgegliedert.)

3.) Und wie viele dieser Werbeflächentypen hat Ströer derzeit in Besitz
oder verfügbar und wie haben sich diese Zahlen in den letzten drei
Jahren jeweils entwickelt?

4.) Welche Flächen des öffentlichen Raums stehen Ihnen zur
Vermietung/Organisierung von privatwirtschaftlichen Werbemaßnahmen im
Zuge des Vertrags mit der Stadt Hannover zur Verfügung?

Keine brauchbaren Notizen zu den Antworten.

5.) Wie hoch waren die Einnahmen, die durch die vorgenannte Vermietung
des öffentlichen Raums in Hannover jeweils in 2012, 2013 und 2014 generiert
worden sind? Und welche Summen wurden davon oder dafür jeweils in diesen
beiden Jahren an die Stadt oder die Region Hannover oder eine ihrer
Stellen übertragen?

6.) Auf welcher vertraglichen Basis beruht diese Vermietung des
öffentlichen Raums in Hannover? Von wann ist dieser Vertrag mit der
Stadt Hannover? Wie sind die Konditionen, auch die finanziellen
Konditionen im Detail ausgeführt?

Die Verträge mit der Stadt Hannover sehen angeblich Vertraulichkeit vor, Ströer meint daher (erneut), die beiden Fragen nicht beantworten zu dürfen bzw. müssen.

7.) Anfang Januar 2014 hat Ströer 70 Prozent der GAN-Unternehmensgruppe,
einem "In-Game-Advertising-Vermarkter" eingekauft.
Welche Reichweite hat die GAN-Unternehmensgruppe derzeit?

Wie im letzten Jahr angeblich 7.2 Millionen Unique User. Eine Zeiteinheit oder Details zur Messung wurden dieses Jahr nicht genannt, letztes Jahr gab es einen Verweis auf die AGOF, in der die Ströer Media SE laut Wikipedia über die Ströer Digital Media GmbH vertreten ist.

8.) Im Februar 2014 hat sich Ströer an dem Online-Videonetzwerk
"TubeOne Networks" eingekauft.
Wie hat sich die Anzahl der "Views" und "Fans" von TubeOne Networks
seit dem Einkauf entwickelt?

Laut meinen Notizen von 106 Mio. auf 86 Mio gestiegen. Mutmaßlich kam die Antwort nicht korrekt bei mir an, ich gehe davon aus, dass (mindestens) die zweite Zahl falsch ist.

9.) Gemeinsam mit dem "Instituts für Kommunikations-Analyse und
-Optimierung (IKAO)" hat Ströer Ende letzten Jahres die Studie "Momentum
Plakat - Wie Plakat-Motive gemacht sein müssen, damit sie optimal
wirken" erarbeitet. Welchen Umfang hat diese Studie und wo ist sie
einsehbar oder erhältlich?
10.) Was hat diese Studie für Ströer insgesamt gekostet?

Auch dieses Jahr gab es nur ein paar Hinweise auf Bruchstücke der Studie, die auf der Ströer-Website und auf der Website des IKAO Instituts einsehbar sein sollen. Die Studie soll 10,000 EUR gekostet haben.

11.) In ihrer Präsentation zur Quartalsbilanz Q1 2014 heißt es, dass
Ströer sieben Verträge zur Erweiterung von Werbemaßnahmen in Städten
gewonnen habe, die mehr als 100.000 Einwohner erreichen würden. Um
was für Maßnahmen in welchen Städten handelt es sich dabei im Detail?

Genannt wurden Berlin, Bamberg, Darmstadt, Dresden und weitere Städte, deren Namen ich nicht rechtzeitig mitschreiben konnte. Es soll um physische Anlagen gehen.

12.) Wie hoch war jeweils der Geschäftsumsatz mit der Deutschen Bahn AG
und der ECE-Gruppe im Geschäftsjahr 2013? Falls Sie keine absoluten
Zahlen meinen nennen zu dürfen: Wie haben sich diese Umsätze in den
letzten drei Jahren relativ entwickelt und wie im Verhältnis zum
Gesamtumsatz von Ströer?

Aus Sicht von Ströer hat sich der Umsatz positiv entwickelt. Ein paar weitere Details habe ich nicht mitschreiben können.

13.) Wie hat sich der Umsatz der X-City Marketing Hannover GmbH in den
letzten drei, fünf und zehn Jahren entwickelt?

2014 leicht nach oben, in den letzten fünf Jahren gestiegen. Ein paar weitere Details habe ich nicht mitschreiben können.

14) Bei anderen Unternehmen, wie z.B. VW ist es mittlerweile übrigens
selbstverständlich, dass Aktionäre die Antworten auch schriftlich
bekommen. Was spricht aus Sicht von Ströer dagegen, das auf
Ströer-Hauptversammlungen ebenfalls zu tun?

Laut Ströer gibt es Antworten auf Hauptversammlungen (laut Aktiengesetz?) grundsätzlich mündlich, schriftliche Antworten seien nicht üblich, außerdem wurde Gleichberechtigung genannt.

15) Was wird diese Hauptversammlung kosten? Wie viel würde die Hauptversammlung
kosten, wenn Ströer die Antworten auf der Firmenwebsite veröffentlichen bzw.
auf Nachfrage per E-Mail verschicken würde?

Die Kosten liegen angeblich im niedrigen sechsstelligen Bereich, Transparenz und respektvoller Umgang mit den Aktionären (meine Formulierung) würde die Kosten nicht signifikant ändern.

16) Freie Software bei Ströer

Falls Ihnen der Begriff "freie Software" nicht geläufig sein sollte:

Software wird als freie Software bezeichnet, wenn dem
Anwender die folgenden vier Freiheiten eingeräumt werden:
- Die Software darf zu jedem Zweck ausgeführt werden.
- Die Funktionsweise der Software darf untersucht und an
  die eigenen Bedürfnisse angepasst werden.
- Die Software darf weitergegeben werden.
- Die Software darf verbessert werden und auch die
  verbesserte Version darf weitergegeben werden.

Siehe dazu auch die Website der Free Software Foundation Europe (FSFE).

Im kommerziellen Umfeld wird teilweise der Begriff "Open Source"
verwendet, wenn freie Software gemeint ist, soweit es meine Fragen
betrifft sind die Begriffe aber deckungsgleich.

Freie Software ist nicht zwangsläufig kostenlos erhältlich,
der freie Wettbewerb führt aber in der Regel dazu, dass die
Beschaffungskosten sinken.

Mir geht es bei meinen Fragen jedoch nicht um den Kosten-Aspekt,
sondern um die IT-Sicherheit.

Freie Software ist nicht grundsätzlich sicherer als unfreie
(proprietäre) Software, bei freier Software ist der Anwender
bzw. das Unternehmen aber in der Lage, den Quelltext auf
Sicherheitslücken zu prüfen oder unabhängige Dritte damit zu
beauftragen.

Bei proprietärer Software wird in der Regel kein Quelltext
mitgeliefert und in der Lizenz teilweise zusätzlich verboten,
die Funktionalität der Software basierend auf den Binär-Dateien
zu analysieren (sog. Reverse-Engineering).

Wer Wert auf IT-Sicherheit legt sollte folglich auf den Einsatz
proprietärer Software soweit wie möglich verzichten.

Meine Fragen dazu:

a) In welchem Umfang setzt Ströer bereits freie Software ein?

b) Wird bei Neuanschaffungen darauf geachtet, dass es sich bei der
   beschafften Software um freie Software handelt, oder ist geplant,
   dies zukünftig zu tun? Wenn nicht, warum nicht?

c) Vertreibt Ströer bereits freie Software oder entwickelt an freier
   Software mit? Falls ja, bei welchen Software-Projekte?
   Wenn nicht, warum nicht?

Angeblich konnte keine konkrete Software genannt werden. Software wird eingesetzt, wenn es abhängig von Kosten und Nutzen sinnvoll erscheint. Ströer vertreibt keine freier Software und beteiligt sich nicht an Software-Projekten, die freie Software erstellen.

d) Achtet Ströer beim Einsatz proprietärer, also unfreier, Software
   grundsätzlich darauf, dass Ströer zumindest der Quelltext der
   Software vorliegt und von unabhängigen Dienstleistern auf
   Sicherheitslücken geprüft werden kann? Wenn nicht, warum nicht?

e) Führt Ströer grundsätzlich Quelltext-basierte Sicherheitsprüfungen
   durch, bevor Software in Betrieb genommen wird. Fall nicht, warum
   nicht?

Dies hängt angeblich von der geplanten Nutzung ab und wird individuell geprüft. Details zur Prüfung wurden nicht genannt.

f) Vereinbart Ströer mit Software-Zuliefern grundsätzlich Vertragsstrafen,
   falls gelieferte Software nicht den vereinbarten Anforderungen genügt?
   Falls nicht, warum nicht?

g) Verifiziert Ströer, dass mit vorgelegtem Quelltext tatsächlich die
   angeblich dazugehörende Software im Binärformat bitgenau reproduziert
   werden kann? Wenn nicht, warum nicht?

Laut meinen Notizen werden grundsätzlich Vertragsstrafen vereinbart und Ströer verifiziert, dass die Software den Anforderungen genügt. Wegen der vagen Antwort gehe ich nicht davon aus, dass Ströer Wert auf reproduzierbare Software legt oder Software gründlich auf Schwachstellen prüft.

h) Setzt Ströer Software ein, die einer der folgenden freien Lizenzen
   unterliegt: GNU General Public License Version 2 (GPLv2) oder
   Version 3 (GPLv3), GNU Affero General Public License (AGPL)?

Das wurde bejaht, Details gab es keine.

i) Gibt es bei Ströer eine Positiv- oder Negativ-Liste von freien Lizenzen?
   Gemeint sind Listen mit denen geregelt wird, welche freie Lizenzen bei
   Ströer eingesetzt werden können bzw. nicht eingesetzt werden sollen?
   Wenn ja, welche Lizenzen sind auf welcher Liste?

Nein, Software-Lizenzen werden angeblich im Einzelfall geprüft. Die Kriterien nach denen geprüft wird, wurden nicht genannt.