www.fabiankeil.de/blog-surrogat/2005-07-20/quelle-ag-kotzt-mich-an.html
Vor einiger Zeit habe ich den Fehler gemacht, bei Quelle einen so genannten Chefsessel
zu bestellen.
Mein alter Schreibtischstuhl war durchgesessen, Ersatz wurde benötigt.
Der defekte Online-Shop hätte bereits Warnung genug sein sollen, von einer Firma die Müll wie Intershop einsetzt, kann man natürlich nicht erwarten, dass sie beim Kundenservice professioneller vorgeht.
Da keines der von mir besuchten Versandhäuser mit Möbeln im Angebot über eine brauchbare Webpräsenz verfügt, habe ich mich dazu hinreißen lassen, für kurze Zeit JavaScript zu aktivieren. Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort, die Strafe folgte auf dem Fuße: ich habe versäumt zu bezahlen.
Natürlich hatte ich nicht die Intention, auf das Bezahlen zu verzichten, ich habe es noch nicht mal vergessen. Eine Teilschuld trägt das Online-Banking-System der Postbank, die Restschuld trage ich tapfer auf meinen Schultern: ich war bei der Bedienung nicht so aufmerksam wie ich hätte sein sollen, die Postbank-Mängel waren mir schließlich bekannt.
Don Norman hat einmal den Spruch geprägt: Geht nicht, hat bestimmt einen Preis
bekommen
. Die Postbank schmückt ihre Website mit dem
Biene-Logo, das eigentlich für Barrierefreiheit stehen soll,
bei dessen Verleihung aber wohl nicht so genau hingeschaut wird.
Zur Barrierefreiheit gehört nicht nur, dass man Flash, JavaScript und andere Geißeln der Menschheit nur optional nutzt, um barrierefrei zu sein, muss man sich auch an gängige Konventionen halten.
Eine dieser Konventionen ist zum Beispiel, dass Links in Fließtext dadurch erkennbar sind, dass sie unterstrichen sind. Dies ist wenn ich mich recht entsinne auch bei der Postbank der Fall, wie der Screenshot zeigt, kann ich es aber gerade nicht überprüfen.
Eine andere dieser Konventionen ist weniger offensichtlich, die Einhaltung aber mindestens genauso
wichtig: ein Formular wird mit Return
übertragen.
Über diese Konventionen kann sich die Postbank natürlich hinwegsetzen, medienwirksame Logos gibt es ja auch so.
Wenn man beim Online-Überweisen nicht an diese Extravaganz denkt, hangelt man sich durch
die Benutzerführung, gibt Empfängerdaten sowie Transaktionsnummer ein, bestätigt mit
Return
und schickt die Daten damit ins Nirvana. Return
bedeutet bei der Postbank
Abbrechen
. Soweit so schlecht.
Überfliegt man dann das nächste Fenster nur, geht man ohne bezahlt zu haben.
Änderung vom 21.09.2005: Obiges ist im Geiste in die Vergangenheitsform zu setzen,
die Barriere besteht nicht mehr. Seit dem letzten Update der Postbank-Website kann man das
Überweisungsformular auch mit Return
abschicken.
Wie wohl die meisten Menschen, überprüfe ich auf meinen Kontoauszügen nur was abgebucht wurde, nicht aber was nicht abgebucht wurde. Die Quelle AG hatte also recht, mich an die Zahlung zu erinnern.
Andere Firmen würden vielleicht erstmal freundlich schreiben: Wir habe noch keine Zahlung
erhalten, bitte überprüfen sie ihre Unterlagen
. Die Quelle
AG haut lieber gleich richtig auf den
Pudding und labert mir die Ohren voll, man hätte mich schon mehrfach angemahnt und würde nun
die Mahngebühr ebenfalls mehrfach haben wollen.
Wofür gemahnt wurde behielt man für sich, da meine Quelle-Bestellung ein einmaliger Fehler war, konnte ich dennoch raten um was es ging. Zuerst dachte ich, bei der Quelle AG würde das Mahnprogramm Amok-laufen, musste dann aber feststellen, dass in meinen Kontoauszügen Quelle wirklich nicht drin vor kam. Freundlich wie ich bin, habe ich also geantwortet:
Sehr geehrte Damen und Herren, am vergangenen Freitag erhielt ich von Ihnen eine Mahnung wegen einer nicht näher beschriebenen Bestellung. Ihren Worten zu Folge haben Sie michwie schon so oftdarauf aufmerksam gemacht, dass auf [meinem] Rechnungskonto seit Monaten eine Zahlung aussteht. Trotz Ihrer Erinnerungsschreiben wären die 119,95, einschließlich einer weiteren Mahngebühr von 7,50 EUR, bis heute nicht bei Ihnen eingegangen. Wie viele Mahnschreiben sie wohin schicken entzieht sich meiner Kenntnis, wie viele bei mir ankamen kann ich jedoch beurteilen: das eine vom letzten Freitag. Da ich bis jetzt erst einmal bei Ihnen bestellt habe, konnte es sich nur um die Bestellung 611868W handeln, der Betrag stand tatsächlich noch offen, ich habe die ausgewiesenen 104,95 mittlerweile überwiesen. Wie Sie auf 119,95 kommen ist mir nicht klar, bitte teilen Sie mir ihren Rechenweg mit, damit ich über eine Zahlung der Differenz nachdenken kann. Mein Einkaufskonto können Sie gerne gesperrt lassen, Ihre Geschäftspraktiken und der unverschämte Tonfall Ihres Schreibens machen auf mich keinen seriösen Eindruck, weitere Bestellungen werden Sie von mir nicht erhalten. Es steht Ihnen frei, nun wie angekündigt die Forderung ohne Umwege und mit allen Konsequenzen einem Inkassoinstitut [zu] übergeben. Ich bin gespannt wie sie Ihre Forderungen begründen, genug Fantasie haben Sie ja. Mit freundlichen Grüßen Fabian Keil
Ratz-fatz hat man bei Quelle den kommunizierten Sachverhalt überprüft
und hatte eine Erleuchtung, die man mit mir teilen wollte. Man fand heraus,
daß die [mir] zugestellte Mahnung darauf
zurückzuführen ist, daß [ich] mit [meiner] Zahlung bereits über 3 Monate
im Verzug [war]
.
Es geschehen noch Zeichen und Wunder, wer hätte damit rechnen können? Es wurde gemahnt, weil ich noch nicht gezahlt hatte. Nicht um Spenden für einen Ersatz von Intershop zu suchen, und auch nicht aus reiner Boshaftigkeit, nein, ich hatte tatsächlich noch nicht gezahlt. Wie meiner obigen Mail klar zu entnehmen, hatte ich Dummerchen das noch gar nicht verstanden.
Die revolutionären Erkenntnisse gehen noch weiter, man erklärte mir
den Quelle Arbeitsablauf:
die Kundenkonten werden computertechnisch überwacht, so daß je
nach Forderung entsprechender Schriftverkehr angestoßen wird.
Damit hätte ich nie gerechnet, ich dachte, dort gäbe es einen großen Haufen Rechnungen, die nach und nach von Hand bearbeitet würden. Später schreibt Quelle:
Wie Sie sicherlich nachvollziehen können, ist der Umgang in Geldfragen nicht einfach und für uns doch unerläßlich. Bitte entschuldigen Sie, wenn wir Ihnen zu Nahe getreten sind bzw Sie sich durch unsere Wortwahl persönlich angegriffen fühlen.
Es rührte mich zu Tränen, mit verschwommen Augen las ich weiter:
Das war nicht unsere Intention; es soll Ihnen allerdings die Dringlichkeit des Anliegens wiederspiegeln. Das Ihnen vorliegende Schriftstück ist eine Androhung zur Inkassoweitergabe, denn wir möchten Ihnen selbstverständlich die Möglichkeit zur Stellungnahme diesbezüglich einräumen. Deshalb möchten wir Sie auch umgehend bitten, uns die Gründe für den Zahlungsverzug zu kommunizieren, damit wir entsprechend reagieren und ggf Bearbeitungen veranlassen können, so daß weitere für beide Seiten wirklich unangenehme Schritte vermieden werden können. Durch die Einführung des Schuldrechtgesetzes am 01.01.2002 wurde die bisherige Rechtsgrundlage geändert. Es müssen keine gesonderten Mahnschreiben versendet werden. Auch wir versenden keine manuellen Mahnschreiben mehr. Die Mahngebühren werden von unserem System automatisch nach 6-8 Wochen berechnet; eine Information diesbezüglich geht Ihnen dann mit separater Post zu.
Nun hatte ich wenig Lust, der Quelle AG
im Gegenzug die Ohren voll zu heulen und über die Biene-zertifizierten Barrieren der
Postbank zu jammern.
Stattdessen nahm ich mir vor, erstmal auf die Information diesbezüglich
zu warten, die mir dann mit separater Post zu
gehen sollte.
Die wiederholt fehlerhafte Verwendung von kommunizieren
ist meinem
wachen Auge natürlich nicht entgangen.
Am Ende der Mail wollte Quelle noch wissen:
Dürfen wir diesbezüglich mit Ihrem Verständnis rechnen?
Falls die Frage nicht rhetorisch war: selbstverständlich nicht. Ich verstehe nicht, wie Quelle mit solchen Methoden Kunden auch ein zweitesmal bedienen können möchte.
Der nächste Quelle-Brief, der mir zu ging, enthielt dann einfach eine
weitere Mahnung samt Gebühr, die ich vor ein paar Tagen mit dem Betreff
ABZOCKE VON KUNDENNUMMER 0006261770222
überwiesen habe.
Ich hoffe, Quelle und ich haben nun zu Ende kommuniziert.