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PC-BSD überzeugt mich nicht

Von PC-BSD habe ich letztes Jahr viel gehört, eigentlich nur gutes. Es sei ein auf FreeBSD basierendes Betriebssystem, aber viel benutzerfreundlicher und einfacher zu bedienen. Das hörte sich für mich sehr unwahrscheinlich an, daher habe ich mir PC-BSD nie selbst installiert.

Mit FreeBSD bin ich sehr zufrieden, im Vergleich zu Windows und verschiedenen GNU/Linux-Distributionen habe ich damit deutlich weniger Probleme. Es ist das benutzerfreundlichste System, das ich bis jetzt benutzt habe.

Im Alltag bekomme ich vom Betriebssystem so oder so wenig mit, Dank Enlightenment und Xorg würden die Anwendungsprogramme unter GNU/Linux und Solaris nicht anders aussehen.

Erwartungen nicht erfüllt

Vor kurzer Zeit hatte ich nun mit PC-BSD zu tun, ein damit bespielter Laptop sollte in das hiesige Funknetzwerk eingebunden werden. Der D-Link DSL-G664T war Kollateralschaden der Aktion, dafür kann ich PC-BSD allerdings nicht verantwortlich machen.

Wohl aber für die Einhaltung der Versprechungen, PC-BSD ist dabei kläglich gescheitert.

wi0 läuft nicht

Die erste Funknetzwerkkarte war eine T-Sinus 130card mit Prism-Chip. Auf dem ThinkPad R51 unter FreeBSD 5.4 läuft die Karte problemlos, unter FreeBSD 6.0 gibt es aber auch Probleme.

PC-BSD erkannte die Karte zwar, die Verbindung stand jedoch nicht stabil. Ping lief, sobald man jedoch versuchte eine Website abzurufen brach die Verbindung ab und lies sich erst nach Neustart wieder aufbauen.

Ein Funknetzwerk-Zauberwerkzeug habe ich in den KDE-Menüs nicht gefunden, konfiguriert wurde die Karte daher ganz altmodisch über ifconfig. Ich halte ifconfig keineswegs für benutzerfeindlich, aber eben auch nicht für besonders intuitiv. Man muss wissen was man tut und dass das Programm existiert.

Bei der Einrichtung der WEP-Verschlüsselung hatte ich leichte Probleme: PC-BSD basiert auf FreeBSD 6.0, im Gegensatz zu FreeBSD 5.4 wählt dessen ifconfig-Version den Standard-Key nicht automatisch. Mein Laptop läuft immer noch unter 5.4, diese Änderung hatte ich daher noch nicht mitbekommen.

Kein Quelltext da

Der PC-BSD-Kernel war von November, unter FreeBSD wäre mein erster Lösungsversuch daher, einen neuen Kernel zu übersetzen und dabei gleichzeitig wlan.ko als Modul zu konfigurieren um besser testen zu können. Nette Idee, /usr/src war jedoch leer, der Quelltext fehlte.

Die Versuche mit der T-Sinus 130card wurden erstmal eingestellt, stattdessen eine Atheros-basierte Karte verwendet, die auch anstandslos lief.

Seltsames Paketsystem

Der Laptop-Besitzer konnte sich auf die Suche nach einem brauchbaren Medienplayer machen, so etwas scheint PC-BSD in der Standard-Installation nicht mitzubringen.

PC-BSD greift nach außen hin nicht auf das FreeBSD-Portssystem zurück, man lädt wohl selbstextrahierende Dateien runter, die man mit Doppelklick startet. Ich habe keine Ahnung, wie damit Abhängigkeiten berücksichtigt werden sollen, nehme aber an, dass es irgendwie geht.

Einen Vorteil gegenüber dem Portssystem konnte ich nicht erkennen, die beiden Programme die ich gesehen habe waren außerdem kaputt konfiguriert. Die Schrift in der Navigation von Firefox war viel zu klein, GIMP konnte keine JPEG-Dateien öffnen.

Ratzfatz kaputt

Am Tag nach der Einrichtung der zweiten Funknetzwerkkarte und der Installation ein paar Benutzerprogramme war das System aus Benutzer-Sicht kaputt.

Wie gewohnt wird nach dem Start automatisch KDE gestartet, es ist jedoch unbenutzbar. Der Mauszeiger kann noch bewegt werden, der Bildinhalt ist jedoch eingefroren, nach Wechsel auf die Konsole und zurück wird er nichtmal mehr korrekt dargestellt.

Ich habe keine Ahnung was kaputt ist, es ist mir auch egal. Die Logdateien unter /var/log zeigen keine Fehler, laut top laufen alle Programme sauber.

Ebenfalls negativ aufgefallen

Insgesamt habe ich mich wahrscheinlich keine zwei Stunden mit PC-BSD beschäftigt, außer der wi0-Fehlfunktion, dem Fehlen des Quelltextes, der seltsamen Paket-Konfiguration und der kurzen Halbwertszeit der grafischen Benutzeroberfläche sind mir dennoch ein paar weitere Kleinigkeiten aufgefallen.

Speicherverschwendung

Standardmäßig werden alle Soundmodule geladen, unabhängig von der vorhandenen Soundkarte. Das verbraucht nicht nur unnötig Speicher, es macht auch die Ausgabe von kldstat verdammt unübersichtlich.

Es wäre sicher keine technische Meisterleistung, ein Skript zu schreiben, das entweder nicht genutzte Module wieder entlädt, oder beim nächsten Start nur noch das vorher benötigte lädt.

Unverständliche grafische Oberfläche

Das gesamte KDE ist ein riesen Schrotthaufen, die Schuld würde ich eher dem PC-BSD-, als dem KDE-Team geben, habe allerdings keinen aktuellen Vergleich.

Vor ein paar Jahren noch habe ich KDE unter FreeBSD genutzt. Es war durchaus benutzbar und hat nicht halb so stark gesaugt. Genau genommen hat es kein bisschen gesaugt, es enthielt lediglich haufenweise Programme die ich nicht benutzt habe, konnte grafisch mit Enlightenment nicht mithalten und die Kompilation hat Jahre gedauert.

Unter dem PC-BSD-KDE habe ich nichts gebacken bekommen, außer eine Shell zu öffnen und alles wesentliche von Hand zu machen.

Der Soundserver ist ständig abgestürzt, Tonausgabe hat bei vielen Programmen nicht geklappt und es gab generell keine brauchbaren Fehler- oder Statusmeldungen. Bei Netzwerkproblemen macht Konqueror lange Zeit scheinbar gar nichts, nach vielleicht zwanzig Sekunden kommt dann eine Timeout-Meldung.

Die Bedienung vieler Programme konnte ich trotz grafischer Oberfläche nicht verstehen, oft konnte ich sogar nur über den Nutzen spekulieren.

Kernel und Module nicht synchron?

Es gibt Haufenweise Warnungen der Form: warning: KLD '/boot/kernel/xyz.ko' is newer than the linker.hints file. Wenn man Kernel und Module gleichzeitig übersetzt sollte das nicht passieren, oft deutet es gleichzeitig auf unterschiedlichen Versionsstand hin.

Dokumentation?

[Screenshot: pcbsd.org in Firefox unter E17. Kein schöner Anblick, überwiegend ungenutzte Freifläche] Die PC-BSD-Website habe ich mir nur ganz kurz angeschaut und wegen dem Gefrickel schnell die Lust verloren.

Zugegeben, auch auf FreeBSD.org herrscht seit der Umwandlung vom Tabellenlayout auf Div-Suppe kein Mangel an Darstellungsproblemen, von Klapp-Menüs wurde ich aber noch nicht belästigt.

Auf der PC-BSD-Website gab es irgendwo einen Handbuch-Link, die verlinkte Seite klärte darüber auf, dass kein Handbuch existiert und man die FreeBSD-Version nehmen soll.

Was für das Handbuch gilt, wird für den Rest des Betriebssystems nicht verkehrt sein.

Wer soll das benutzen?

Ohne sehr viel zu lernen wird auch der Umstieg von Windows auf PC-BSD nichts werden. Wenn man aber doch umlernen muss, kann man gleich zu einem der großen BSDs, zu GNU/Linux oder zu OpenSolaris wechseln.

Die sind weniger exotisch, haben einen größeren Benutzerkreis, mehr Auswahl bei den fertigen Programmen und umfangreichere Dokumentation.